Lesen und lesen lassen
Was hilft das beste Buch, wenn der Platz zum Lesen fehlt? Wir präsentieren die schönsten Orte zum Schmökern und Verweilen.
Dieser Sache war sich schon der clevere Cicero vor Jahrhunderten sicher. Wer heutzutage in der Stadt wohnt, kann allerdings höchst selten einen eigenen Garten und noch seltener eine eigene Bibliothek sein eigen nennen.
Braucht es ja auch gar nicht, denn wer in einer grünen Großstadt wie Berlin oder Potsdam mit all ihren öffentlichen Bibliotheken und Parks lebt, kann sich glücklich schätzen. Wir möchten Ihnen an dieser Stelle die faszinierendsten Orte zum Lesen, Forschen und Verweilen vorstellen.
Das Warten auf Präsenz
Stell dir vor, die größte wissenschaftliche Universalbibliothek im deutschsprachigen Raum und eine der bedeutendsten Bibliotheken weltweit eröffnet nach langer Sanierung endlich wieder ihre Pforten und keiner geht hin beziehungsweise darf hin. Aus allzu gut bekannten Gründen.
So geschehen am 25. Januar 2021 als das Stammhaus der „Stabi“, der Staatsbibliothek Unter den Linden, feierlich und virtuell wiedereröffnete. Wobei die Worte feierlich und virtuell – das hat man nun wirklich gelernt in den zähen kontaktarmen Coronamonaten – wohl eher eine Zweckehe auf Distanz (und hoffentlich kürzere Zeit) als eine enge Liebesheirat (für die Ewigkeit) eingehen.
Ironie der Pandemie
Für eine historische Forschungs- und Präsenzbibliothek wie die Stabi Unter den Linden ist die aktuelle Zeit voller Beschränkungen und ohne Publikumsverkehr eine besonders bittere. Denn wer hier lesen, studieren oder forschen will, muss vor Ort sein: die wertvollen Schätze der Bestände lassen sich nicht mal so eben ausleihen und mit nachhause nehmen. Und was da für Schätze auf die Forscher:innen warten: Beethovens Neunte (und andere Sinfonien) als Autograph, also im Original, 80 Prozent aller Bach-Handschriften, über 1.600 Nachlässe (darunter Bonhoeffer, Herder und Hauptmann!) und die größte Mozart-Sammlung, beispielsweise.
Die Ironie an der umfangreichen Sanierungsgeschichte von 2005 bis 2019: in all den Jahren der Umbauarbeiten lief der Betrieb der Bibliothek weiter. Sie wurde praktisch am „offenen Herzen operiert“, so die Generaldirektorin Barbara Schneider-Kempf. Und jetzt, da sie in altem und modernem Glanz erscheint, kann sie keine:r besuchen. Bleibt nur auf eine baldige tatsächliche Wiedereröffnung zu hoffen.
Fünf Fakten zur "Stabi"
- Erbaut im Stil des Neobarock (Architekt Ernst von Ihne), 1903 - 1914
- Größtes Gebäude in der historischen Mitte Berlins (170 m lang und 107 m breit)
- Schwere Beschädigung im Zweiten Weltkrieg
- Abriss des Kuppel- und Universitätslesesaals in der DDR, 1977
- Sanierung und Erweiterung für rund 470 Millionen Euro, 2005 - 2019
Hier lässt es sich gut lesen
Sie können die eigene Wohnung langsam nicht mehr sehen? Und Lesen im Bett schockt auch nicht mehr? Diese Orte bieten (an warmen Sonnentagen) Muße für eine entspannte Lektüre.
Luisenstädtischer Kanal
Eine wahre Oase inmitten des Übergangs von Mitte zu Kreuzberg ist der Luisenstädtische Kanal. Der Kanal, der einst die Spree mit dem Landwehrkanal verband, wurde 1926 zugeschüttet und bis 1932 in eine Grünanlage umgewandelt.
Noch heute tritt man aus der lärmigen Stadt durch eine Backsteinmauer und findet sich wie in einer anderen Welt, mit vielfältigen Sitzmöglichkeiten auf Veranden, in Laubengängen oder direkt am Engelbecken, das als Wasserfläche erhalten blieb. Mit einem guten Buch in der Hand und dem Blick auf das glitzernde Wasser kann man hier wunderbar die Seele baumeln lassen.
Luisenstädtischer Kanal
Leisepark
Seit 2011 gibt es auf einer ehemals zum Friedhof St. Marien - St. Nicolai gehörenden Fläche den von Anwohnern und Schülern gestalteten Leisepark. Sowohl der verwilderte Charakter als auch die vormalige Friedhofsnutzung sind weiterhin sichtbar. So sind Teile der Grabanlagen und einzelne Gräber stehen geblieben. Das sorgt für eine besondere Atmosphäre.
Auf verschlungenen Wegen zwischen Friedhofsbäumen und Rosenbüschen trifft man hier immer wieder auf ausgefallene Klettermöglichkeiten für Kinder und Erwachsene. Bänke, eine sonnige Wiese und sogar Hängematten laden zum entspannten Lesen ein.
Leisepark
Freundschaftsinsel Potsdam
Wer in Potsdam nach einem idyllischen Platz für sich und sein Buch sucht, der wird zum Beispiel auf der Freundschaftsinsel fündig. Von der Langen Brücke kommend, bildet eine weite Rasenfläche mit einzelnen Bäumen den Auftakt zum Inselrundgang. Über den Hauptweg an der Neuen Fahrt geht es hinab zum Staudengarten hinter den beiden Torhäusern.
In deren Mittelachse steht der moderne Nachbau des Turmes der Heilig-Geist-Kirche. Vor dem Schwanentorhaus fällt eine markant gewachsene Rotbuche aus der Entstehungszeit des Gartens auf.