Blick hinter die Kulissen beim Projekt „Langlebigkeit“
„Nur Abriss gibt es hier nicht!“ - Fachgerechte Demontage eines Zugs der Baureihe 481
Das Ziel des Projektes ist es, die Flotte für mindestens 10 weitere Jahre fit zu machen. Hierfür arbeiten verschiedene Bereiche im Werk Schöneweide Hand in Hand. Hier erhalten Sie einen Blick hinter die Werks-Kulissen, um die anspruchsvollen Prozesse vorzustellen, die notwendig sind, die Baureihe im neuen Glanz erstrahlen zu lassen.
Die Meisterei für Demontage im Werk Schöneweide entstand im Mai 2019, geleitet wird sie von Claudia Wittlief, die ihren Job von der Pike auf gelernt hat: Die Ausbildung zur Elektronikerin für Betriebstechnik absolvierte sie bei der S-Bahn Berlin, 2011 lernte sie aus. Mehrere Jahre war sie unter anderem für die Komponentenaufarbeitung der Baureihe (BR) 485 zuständig. Nebenbei machte sie ihren Industriemeister für Elektrotechnik.
Als die Meisterei entstand, tüftelte sie mit ihrem 24-köpfigen Team, das im Dreischichtsystem im Einsatz ist, an den Demontage-Arbeitsprozessen des Projekts Langlebigkeit, damit jeder Zug der Baureihe 481 auf Hochglanz und den aktuellen Stand der Technik gebracht werden kann. Die Demontage unterteilt sich auf dem Papier in drei Phasen, die in der Realität immer wieder parallel an mehreren Zügen laufen.
Meisterin der Fahrzeug-Demontage bei der S-Bahn Berlin
In Phase 1 kommt der Zug ins Werk und wird von den Abnahmetechnikern aufgenommen. Es erfolgt eine Eingangskontrolle, in der die Funktionalität geprüft und ergänzend geschaut wird, ob bisher unbekannte Schäden vorhanden sind. Der Zug wird anschließend pneumatisch, elektrisch und mechanisch abgeklemmt, das heißt, das Fahrzeug wird spannungslos geschaltet, die Drehgestelle werden von den Wagenkästen gelöst, die Wagen werden entkuppelt und getrennt.
Diese Vorbereitungen sind notwendig, um den Wagenkasten auf der Eckkraftwaage messtechnisch zu erfassen. Die Daten der Vermessung, also die daraus resultierenden Einstellungen der Drehgestelle, sind die Voraussetzung, dass der Wagenkasten nach Wiederinbetriebnahme seine korrekte Gleislage erhält.
Danach beginnt das Entkernen des Wagenkastens, bis der Boden zugänglich ist. Das ist bereits die zweite Phase, bei der es heißt: Alles muss raus! Und das ist eine Menge Interieur:
Polster, Sitzgestelle, Haltestangen, Leuchtbänder, Decken, Heizkanäle, Windfangwände und schlussendlich die Seitenwandverkleidung. Auch der Führerstand wird nicht verschont, selbst das Rangierpult wird entfernt.
Parallel dazu beginnen die Vorbereitungsarbeiten für die Installation der Videoanlage, die der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) als funktionelle Erweiterung eingefordert hat. Für die Rückrüstung der Klapprampen werden die elektrischen und mechanischen Arbeiten ausgeführt. Der Holzfußboden ist zu zwei Dritteln mit etwa 500 Schrauben befestigt, der verbleibende Teil mit dem darunterliegenden Metallboden ist mit über circa 200 Klebepunkten verbunden.
Zunächst muss der alte ausgehärtete Fußbodenbelag raus. Hierfür werden Fräsmaschinen verwendet. Die Kunst besteht darin, nur so tief zu fräsen, dass die Schraubköpfe der Fußbodenschrauben nicht zerstört werden. Das anschließende Lösen der Schrauben, durch den vorhandenen Kleber sind die Schraubköpfe ohnehin schwer zugänglich, wäre sonst noch aufwendiger. Die Reste der Klebepunkte werden entfernt.
Ist der Fußboden aus dem Zug, beginnt die dritte Phase. Die Langträger unterhalb der Türportale sind zum Teil mit Rost behaftet, der nach dem Entfernen des Fußbodens zu Tage tritt. Mit dem Sandstrahlverfahren wird dem Rost zu Leibe gerückt. Je nach Umfang der Beschädigungen, die messtechnisch erfasst werden, erfolgt die Korrosionsbehandlung. Im besten Fall genügt ein neuer Farbaufbau, aber auch Auftragsschweißen oder partieller Trägertausch sind möglich. Zugleich werden für die neuen zusätzlichen Haltestangen Halterungen an die Decken geschweißt.
Kurzum: Die Demontage ist ein aufwendiger Prozess, der nicht nur mit körperlichem Kraftaufwand, sondern mit viel Sachverstand durchgeführt wird. Es sind allesamt qualifizierte Instandhalter: innen, und bei jedem Handgriff ist Knowhow gefragt. „Der Aufbau eines Zugs erfolgt auf dem alten, bisher verwendeten System.
Wenn es zu Schäden kommt, zieht das oft komplizierte Reparaturarbeiten nach sich“, erklärt Abnahmetechniker Stephan Stauske. Claudia Wittlief ergänzt: „Ja, die fachgerechte Demontage ist wichtig, weil Teile gereinigt und wieder aufgearbeitet werden, beispielsweise Türverkleidungen, Seitenwände, Fahrgastraumbeleuchtung oder Heizkanäle. Ebenfalls neu ist die geänderte Belüftung des Elektronikschranks – das heißt, es gibt vieles zu berücksichtigen. Nur Abriss gibt es hier nicht!“