Als Grünau – Königs Wusterhausen elektrisch wurde
Ein großartiges Jubiläum: 70 Jahre Elektrifizierung der Strecke
Was muss da losgewesen sein? Vor 70 Jahren in Königs Wusterhausen, Wildau, Zeuthen, Eichwalde oder auch Grünau! Als die vormals nur dampfbetriebene Strecke endlich elektrifiziert war und die S-Bahnen von Königs Wusterhausen mit Tempo 70 nach (Ost-)Berlin jagen konnten.
Glaubt man der Berliner Zeitung, müssen sich Szenen abgespielt haben, die man sich bei einer heutigen Streckeneröffnung zwar wünschen, aber doch nicht mehr wirklich vorstellen kann. Bereits bei der unangekündigten technischen Probefahrt am Tag vor der offiziellen Eröffnung am 1. Mai 1951 kam es der Zeitung zufolge zu Begeisterungsstürmen seitens der Bevölkerung:
Und auch der folgende Sonderzug mit den leitenden Direktoren und Präsidenten von Reichsbahn und S-Bahn Berlin, Arbeiter:innen und Vertreter:innen der Presse wurde, so die Zeitung, von „Tausenden Menschen an den Bahnhöfen“ begeistert begrüßt.
Was also ließ die Menschen mit so viel Freude auf die ersten elektrisierten S-Bahnzüge auf dieser Strecke schauen? Antworten birgt ein Blick in die Ausbaugeschichte dieser Strecke auf dem Gebiet der Deutschen Reichsbahn.
Streckenhistorie
Ursprünglich war die Verlängerung der S-Bahnstrecke über Grünau hinaus bis nach Königs Wusterhausen schon zur Weimarer Zeit geplant, doch der Zweite Weltkrieg führte zunächst zum krassen Gegenteil, denn für Reparationsleistungen war nach 1945 vor allem in der sowjetischen Besatzungszone bei fast allen Strecken das zweite Gleis demontiert worden.
Materialmangel, Überlastung, ein dadurch hoher Verschleiß und der generelle Fachkräftemangel in der DDR sorgten für einen nur langsam vorankommenden Ausbau und Unmut unter der Bevölkerung. Die Berliner Zeitung beschreibt „die Verhältnisse bei dem jetzigen Dampfbetrieb, mit Verlaub zusagen, [als] untragbar.“ Es würden schlicht zu wenige und außerdem unbeleuchtete und ungeheizte Züge eingesetzt für diese „überaus wichtige Strecke.“
Trotz der teilungsbedingten Probleme unter anderem bei der Herstellung von Stellwerken, die vormals nur im Westen produziert worden waren, ging die Strecke am 1. Mai 1951 planmäßig in Betrieb. Presse und Bevölkerung waren gleichermaßen hingerissen.
Die Menschen waren schlicht begeistert, weil sie endlich pünktlich zur Arbeit kamen, weil sie am Wochenende mit ihren Liebsten ins Grüne fahren konnten und weil sie nicht länger den giftigen Abgasen der Dampflokomotiven ausgesetzt waren. In der Freude drückte sich also die Hoffnung auf bessere Zeiten und einen technischen Fortschritt aus, der auch in den Randgebieten Berlins und darüber hinaus spürbar sein sollte.
Ausstellung im Oktober
Der eingetragene Verein Heimatfreunde Zeuthen plant aktuell eine Ausstellung zum Thema unter dem Namen „70 Jahre S-Bahn von Grünau nach Königs Wusterhausen“ für die Herbstferien im Oktober 2021. Sie soll im Sport- und Kulturzentrum Zeuthen gezeigt werden und auch eine liebevoll errichtete und detailreiche Modellbahnanlage mit Modulen beinhalten. Auf 130 Metern wird die S-Bahnstrecke von Schöneweide bis Königs Wusterhausen gezeigt werden. Das Jubiläum und die Ausstellung im Oktober ist ein Schwerpunkt der Vereinsarbeit in 2021.
Heimatfreunde Zeuthen