Wintervorbereitungen für zuverlässigeren S-Bahn Betrieb liegen im Zeitplan

Fahrzeugflotte der S-Bahn Berlin erhält Winterausrüstung • Auftauzelte für Züge erhöhen Leistungsfähigkeit der Werkstätten

Die S-Bahn Berlin arbeitet mit hohem personellem, technischem und finanziellem Aufwand an dem Ziel, ihren Fahrzeugpark für einen zuverlässigen Winterbetrieb zu ertüchtigen. Dazu hat das Unternehmen mit Unterstützung der Industrie und externen Experten ein umfassendes Maßnahmenpaket entwickelt. Es beinhaltet die Entwicklung und Durchführung von Umbaumaßnahmen, mit denen Schwachstellen in der sensiblen Fahrzeugtechnik begrenzt oder beseitigt werden können. Die Gesamtkosten belaufen sich auf über 20 Millionen Euro.

Die Schwerpunkte des Pakets liegen im Bereich der Fahrmotoren und Antriebstechnik sowie der Besandungsanlagen der Züge. „Wir sind ein gutes Stück vorangekommen und sind zuversichtlich, in der kommenden Wintersaison eine bessere Leistung anbieten zu können als in den Vorjahren“, sagt Peter Buchner, Vorsitzender der Geschäftsführung der S-Bahn Berlin GmbH.

„Im Frühjahr und Sommer haben die Fachleute unseres Unternehmens unter Hochdruck an Lösungen für die zahlreichen Probleme gearbeitet. Manches wird in Kürze kein Thema mehr sein, anderes lässt sich konstruktionsbedingt nicht heilen. Wir haben von der Industrie mit der Baureihe 481 ein Schienenfahrzeug geliefert bekommen, das für extreme Witterungsverhältnisse nicht geeignet ist. Dies müssen wir als Erkenntnis aus den letzten beiden strengen Wintern so feststellen“, erklärt Buchner.

Umfangreiches Maßnahmenbündel verbessert Wintertauglichkeit

Um die in den vergangenen Wintern aufgetretenen witterungsbedingten Ausfälle der Fahrmotore bei der BR 481 dauerhaft zu verhindern, hat die S-Bahn ein umfangreiches Aufarbeitungsprogramm aufgelegt. Im Rahmen der Maßnahme werden über 85 Prozent der Fahrmotore ausgebaut, demontiert, aufgearbeitet, montiert und wieder eingebaut. Bei den betroffenen Motoren wird unter anderem die verschlissene Isolierung, durch die es bei Flugschnee zu Kurzschlüssen kam, durch eine komplette Neuwicklung des Motors ersetzt. Mit Stand 31.10.2011 wurden bereits über 1.900 Motore aufgearbeitet. Die Wahrscheinlichkeit eines witterungsbedingten Ausfalls der Fahrmotore hat sich somit bereits jetzt erheblich reduziert. Die restlichen rund 600 Fahrmotore werden bis zum Februar 2012 getauscht.

Für die hohe Anzahl von Antriebsstörungen durch angesaugten Flugschnee im Elektronik-Container wurde intensiv an einer nachhaltigen technischen Lösung gearbeitet. Im Juli 2011 wurden in der Klimakammer in Wien mehrere vom Fahrzeughersteller entwickelte Lösungsvorschläge getestet. Leider führte keine dieser Varianten bisher zu einer entscheidenden Verbesserung. Daher werden alle Züge der Baureihe 481 für den kommenden Winter mit Filtermatten ausgerüstet, die in kurzen Abständen getauscht werden müssen.

Bei der Winterstabilisierung der Besandungsanlagen der 500 Viertelzüge der Baureihe 481 macht die S-Bahn Berlin Fortschritte. Die Kombination von Heizungsanlage und Funktionskontrolle wurde von der Industrie in Zusammenarbeit mit der S-Bahn Berlin entwickelt. Dieses weltweit erstmals im Eisenbahnverkehr eingesetzte System steht seit August zur Verfügung. Zum Fahrplanwechsel im Dezember wird bereits die Hälfte umgerüstet sein. Die Besandungsanlagen der 70 Viertelzüge der Baureihe 480 werden im Jahr 2012 ertüchtigt. Die Fahrzeuge der Baureihe 485 besitzen keine Besandungsanlage.

Durch Frosteinwirkung an Türdichtungen und Eisbildung im Trittbereich der Einstiege kam es in der Vergangenheit in der Wintersaison vermehrt zu Türstörungen an den Fahrzeugen. Der bereits im letzten Jahr bewährte Einsatz von Frostschutzmitteln sowie das Auftragen spezieller Beschichtungen zur Einschränkung der Frostbildung werden weitergeführt. Als konstruktive Veränderung beginnt die S-Bahn Berlin außerdem mit dem Einbau 6.000 gelochter und beschichteter Türtritte, die die bisherige geschlossene Trittstufe ersetzen.

Expertenkreis bestätigt Winterstrategie der S-Bahn Berlin

Ein von den Ländern Berlin und Brandenburg beauftragter Expertenkreis hat die von der S-Bahn Berlin getroffenen Maßnahmen „bezüglich Umfang und Inhalt“ als angemessen bewertet. Im Abschlussbericht heißt es: „Unter den gegebenen Randbedingungen stellt die gewählte Strategie der S-Bahn aus Sicht der Experten den besten Kompromiss dar.“.

Um die Werkstattaufenthalte der Züge effektiv für die betriebsnahe Instandhaltung nutzen zu können, hat sich die S-Bahn Berlin entschieden, das bei Frosttemperaturen notwendige Enteisen der Züge an drei Standorten in temporär aufgestellten Auftauzelten durchzuführen. Damit wird kurzfristig zusätzliche im Winter notwendige Hallenkapazität geschaffen. Auch die Werkstatt Erkner steht für diesen Zweck wie im Vorjahr zur Verfügung.

Auch im Bereich von DB Netz wurden erweiterte Wintervorbereitungen vorgenommen. Dazu gehört die mittlerweile abgeschlossene Nach- und Aufrüstung von Beheizungsanlagen an Weichen. Die zur Sicherstellung des Fahrplans erforderlichen Weichen sind damit zu 100 Prozent mit Heizungen ausgerüstet. Weiterhin wurden organisatorische Veränderungen auf den Weg gebracht, die den Winterdienst zuverlässiger machen sollen.

Kein genereller 60 km/h-Winterfahrplan

Auf Grund extremer Witterungssituationen können nach den Erfahrungen des letzten Winters die noch nicht beheizten Besandungsanlagen einfrieren. Die betroffenen Züge dürfen dann nur noch mit maximal 60 statt 80 Stundenkilometern verkehren. Daher werden auf Linien, auf denen Geschwindigkeitsreduzierungen zu besonders gravierenden Einschränkungen führen würden, ausschließlich Züge mit bereits ertüchtigten Besandungsanlagen eingesetzt. Dies sind beispielsweise die Linien S25 und S7. Für die anderen Linien wird bei entsprechender Wettervorhersage eine mit den Bestellern abgesprochene Rückfallebene binnen zwei Tagen in Kraft gesetzt. Die Züge verkehren dann langsamer, jedoch zuverlässiger.

Die Kunden werden auf den Bahnhöfen und durch die regionalen Medien informiert. Durch diese Lösung kann anstelle des im Februar 2011 vorsorglich eingeführten starren 60 km/h-Fahrplans flexibel auf die Witterungsbedingungen reagiert werden. „Dies erkaufen wir uns durch Verzicht auf die bei der S-Bahn Berlin sonst übliche tagesaktuelle Planung. So können beispielsweise Baumaßnahmen nicht in die Fahrplanauskunft eingearbeitet werden. Außerdem können die geänderten Fahrplandaten wegen der Kurzfristigkeit nur in die Auskunftssysteme der S-Bahn Berlin und des VBB übernommen werden“, so Peter Buchner.