DB Werk Wittenberge sorgt für Kompletterneuerung von Wagenkästen der S-Bahn-Baureihe 485

80 Viertelzüge für längerfristigen Betriebseinsatz vorgesehen • Redesign des Fahrgastraums für erhöhten Fahrkomfort

Die Sanierung des Fahrzeugparks der S-Bahn Berlin kommt weiter voran. In enger Zusammenarbeit mit den Werken der DB Fahrzeuginstandhaltung wird derzeit die Komplettsanierung der Wagenkästen von allen 80 für den Fahrbetrieb vorgesehenen Viertelzügen der Baureihe 485 durchgeführt. Dazu gehören auch 20 bereits stillgelegte Viertelzüge, die für den Betriebseinsatz reaktiviert wurden.

Am brandenburgischen Standort Wittenberge findet noch bis Oktober dieses Jahres die Grunderneuerung des Wagenkastenbodens statt. Zudem wird ein Redesign des Innenraums durchgeführt. Die Arbeiten im Gesamtwert von rund 20 Millionen Euro sind die Grundlage dafür, die Anfang der neunziger Jahre beschafften Fahrzeuge bis Ende 2017 zuverlässig einsetzen zu können.

„Mit ihrem über Jahrzehnte gewachsenen Know How sind die Fahrzeugexperten im Werk Wittenberge ein unverzichtbarer Partner, um weitere Teile unserer Fahrzeugflotte für die nahe Zukunft fit zu machen“, sagt Peter Buchner, Geschäftsführer der S-Bahn Berlin. „Wir sind sehr froh, dass die bahneigenen Werke in Wittenberge und Dessau diesen Auftrag übernommen haben. Wegen der Vielzahl der anstehenden Arbeiten, wären wir nicht in der Lage gewesen, diese Arbeiten in Schöneweide selbst durchzuführen.“

Nachdem eine Auftragsvergabe an die Schienenfahrzeugindustrie nicht zustande kam, setzte das Instandhaltungswerk Wittenberge bereits im Jahr 2009 im Auftrag der S-Bahn Berlin ein eigenes Team für dieses Projekt auf, in dessen Rahmen bis zu 65 Mitarbeiter tätig sind. „Das Projekt Baureihe 485 ist für uns eine ganz besondere Herausforderung“, erklärt Dietmar Schmidt, Werkleiter Wittenberge der

DB Fahrzeuginstandhaltung.

„Zunächst haben wir Fahrzeuge auseinander bauen müssen, um die erforderlichen Fahrzeugdokumentationen und Arbeitsanweisungen erarbeiten zu können. Anschließend galt es, neue technische Lösungen für Prozesse zu entwickeln, die bislang nicht zum Arbeitsalltag in unserem Werk gehörten. Außerdem haben wir eine eigene Montagestraße aufgebaut.“

Die Sanierung des Wagenkastenbodens und der damit verbundene Teilaustausch der hierbei verbauten Integralbleche wurde erforderlich, nachdem bei routinemäßigen Untersuchungen im Jahr 2008 eine Rissanfälligkeit des verwendeten Materials festgestellt wurde. Gutachter der DB Systemtechnik ermittelten, dass Fertigungsfehler beim damaligen Bau der Züge dazu führten,

dass das Material im Fußboden des Wagenkastens auf Höhe der Drehgestelle den dauerhaften Belastungen des Betriebseinsatzes nicht in jedem Fall gewachsen ist. Die Experten vermuten eine ungenügende Aushärtung der Schweißnähte, so dass sich bereits während der Fertigung oder kurz danach kleine Anrisse gebildet haben. Bei der Neuverblechung des Wagenbodens wird

nunmehr nach der letzten Schweißnaht eine technisch erforderliche 72-stündige

Ruhezeit des Fahrzeugs in verspanntem Zustand eingehalten.

Jeder aus Trieb- und Beiwagen bestehende Viertelzug bleibt etwa sieben Wochen in Wittenberge. Zur Vorbereitung der Wagenkastensanierung wird die komplette Innenausstattung einschließlich der elektrischen Ausrüstung entfernt. Danach geht das Fahrzeug in die Abspannvorrichtung, die sicherstellt, dass sich der Aluminium-Wagenkasten nicht verziehen kann. Es erfolgt die

Herauslösung der alten Bodenbleche und das Einschweißen des neuen Materials. Die Materialdicke wurde von 4 auf 5 Millimeter erhöht, um eine höhere Stabilität bei nur geringer Gewichtssteigerung zu erreichen. Nach Aushärtung der Schweißnähte beginnt die Neuverkabelung des Fahrzeuginnenraums und der Einbau der Inneneinrichtung.

Neben der wagenbaulichen Erneuerung der Baureihe 485 wurde auch die Gestaltung des Fahrgastraums überarbeitet. Im Rahmen eines Redesigns erhalten die Fahrzeuge aufgearbeitete Windfangwände, Seiten- und Deckenverkleidungen, neu gestaltete Sitzmöbel sowie eine neue

Innenfarbgebung, die den übrigen S-Bahn-Baureihen angeglichen ist.

Derzeit setzt die S-Bahn Berlin 27 dieser sanierten Viertelzüge der Baureihe 485 im täglichen Betrieb ein. Darunter sind bereits 10 von 20 Viertelzügen, die unter Federführung des Werks Dessau der DB Fahrzeuginstandhaltung reaktiviert wurden. Insgesamt sind 80 Viertelzüge für den langfristigen Betriebseinsatz vorgesehen. Die Fahrzeuge der Baureihe 485 wurden seit den

siebziger Jahren durch die Schienenfahrzeugindustrie der DDR entwickelt und in den Jahren 1988 bis 1992 durch den Lokomotivbau – Elektrotechnische Werke (LEW) in Hennigsdorf (heute Bombardier Transportation) ausgeliefert.