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Mit Emmanuel Macron in Schöneweide

Muhammad Afzal hat schon so einiges gemeistert. Seine Flucht aus Pakistan, den Start in der neuen Heimat. Und den Einstieg bei der S-Bahn Berlin. Das Programm Chance plus half ihm dabei.

Muhammad Afzal, Facharbeiter bei der Berliner S-Bahn
Muhammad Afzal, Facharbeiter bei der Berliner S-Bahn

Gesprächstermin mit Muhammad Afzal, Facharbeiter bei der Berliner S-Bahn. Dass der 23-Jährige gerade im Einsatz ist, ist auch am Telefon nicht zu überhören: Ein schrilles Pfeifen unterbricht kurz den Redefluss – ein Zug fährt ins Werk Schöneweide ein. Während viele Arbeitnehmer in Corona-Zeiten im Homeoffice ausharren, tritt Afzal wie immer zum Dienst an. Denn auch in diesen Wochen und Monaten müssen er und sein Werkstatt-Team dafür sorgen, dass die Fahrgäste der S-Bahn mobil bleiben. „Alles muss laufen“, sagt Afzal.

Auch für Muhammad Afzal läuft es, seit er bei der S-Bahn ist. Mit 19 Jahren flüchtet er aus einem Dorf in der Nähe von Islamabad. Ganz allein, ohne Berufsausbildung, mit einem Hauptschulabschluss im Gepäck. Sein Ziel, das er 2015 mit tausenden Geflüchteten teilt: Europa. Es wird München, dann Berlin. Nach sechs Monaten Sprachkurs bewirbt er sich um ein Praktikum bei der S-Bahn Berlin. Eine engagierte Lehrerin bringt ihn auf die Idee.

Elektrotechnik hat mich immer interessiert. Da passte es perfekt, dass ich den technischen Bereich bei der S-Bahn – die Zuginstandhaltung – genauer kennenlernen konnte.

Muhammad Afzal

Afzal sichert sich einen Platz im Berufsvorbereitungsprogramm der Deutschen Bahn Chance plus. Im März 2016 ist er einer von zwölf Geflüchteten, für die Chance plus erstmals geöffnet wird. Der Einstieg wird ihnen leicht gemacht. „Unsere Kollegen haben uns sehr offen aufgenommen.“ Die Begeisterung ist Afzal anzuhören. „Schwierig war, dass wir zusätzlich zur deutschen Sprache die Fachsprache der Bahn lernen mussten. Unsere Kollegen mussten uns einiges mehrmals erklären, waren aber nie genervt von unseren Fragen. Auch unsere Ausbildungskoordinatoren haben uns unterstützt, wo sie konnten.“

Fünf Berufe lernt Muhammad Afzal im Praktikum kennen, darunter Mechatroniker, Elektriker und Zugführer. Unterrichts- und Werkstatttage wechseln sich ab. Das Fachwissen wächst, ebenso wie die Deutschkenntnisse. „Damit wir uns später, wenn die Ausbildung beginnt, schon ein wenig auskennen“, sagt Afzal. Er entdeckt das Programmieren von Automatisierungsanlagen für sich – und fällt seine Berufsentscheidung: Elektroniker für Betriebs- und Automatisierungstechnik.

Nach dem Chance-plus-Kurs und einigen Eignungstests steht für Afzal fest: Die Ausbildung in seinem Wunschberuf bei der Berliner S-Bahn ist sicher. Im September 2016 beginnt sie. Der erste Berufsvorbereitungskurs mit Geflüchteten bei der Deutschen Bahn ist da längst Vorbild für nachfolgende Lehrgänge und andere Unternehmen. Und Afzal – mittlerweile Azubi – lächelt in die Kameras der Pressevertreter. Zum Beispiel gemeinsam mit Emmanuel Macron, dem späteren französischen Präsidenten, der auf seiner Wahlkampf-Tour Station im Werk Schöneweide macht. Oder mit Andrea Nahles, damals noch Bundesarbeitsministerin.

Nach vier Lehrjahren ist Afzal seit Februar 2020 angekommen in seinem Traumjob: Er kümmert sich um die Instandhaltung der Züge, prüft sie „auf Herz und Nieren“, wie er es ausdrückt. Warum er den Jobeinstieg in Deutschland geschafft hat? „Weil die Kollegen bei der S-Bahn mich so unterstützt haben.“ Understatement auf Pakistanisch. Liegt es vielleicht auch am eigenen Engagement? „Ja, wohl auch“, gibt Afzal zu, der sich in der Jugend- und Auszubildendenvertretung einsetzt. „Wir achten nicht nur darauf, dass Pausenzeiten eingehalten oder Urlaubswünsche erfüllt werden“, so Afzal, „es ist uns außerdem wichtig, dass alle gleichbehandelt werden und niemand benachteiligt wird.“

Gleiche Chancen für alle. Egal welche persönliche Geschichte man mitbringt. Auch das schätzt Afzal an seinem Arbeitgeber. So wie er an seiner neuen Heimat mag, dass alles sehr gut organisiert ist. Und das Wetter nicht so heiß ist wie in Pakistan. Über die Frage, was er besonders vermisst, muss er nicht lange nachdenken. „Meine Familie. Aber die werde ich endlich bald wiedersehen!“ Dem unbefristeten Arbeitsvertrag bei der S-Bahn Berlin sei Dank. „Jetzt bekomme ich ein Arbeitsvisum und darf in etwa einem Jahr nach Pakistan reisen.“

Noch eine Perspektive, die er fest im Blick hat: ein berufsbegleitendes Studium. Das heißt: vormittags ins S-Bahn-Werk, nachmittags und samstags zur Schule. Und was kommt nach dem Studienabschluss zum Meister im Bereich Elektrotechnik? Auch diese Frage bleibt nicht lange ohne Antwort.

Ich wünsche mir, dass ich Führungskraft bei der S-Bahn werde. Vielleicht Teamleiter von zehn bis zwölf Leuten.

Muhammad Afzal

Die Chancen stehen gut.

Lust auf eine Karriere bei der Deutschen Bahn? Das Programm Chance plus gibt Schulabgängern Starthilfe: Die Berufsvorbereitung auf eine Ausbildung oder den direkten Jobeinstieg bei der Deutschen Bahn dauert sechs bis zwölf Monate. Die fachlichen Schwerpunkte reichen vom Arbeiten mit mechatronischen Systemen über Gebäudereinigung bis zum Service am Bahnhof oder im Zug. Betriebliche Betreuer und Sozialpädagogen begleiten die Teilnehmer und bereiten sie auf Bewerbungsgespräche und Einstellungstests vor. Seit 2016 gibt es Chance plus auch für Geflüchtete – inklusive Sprachkurs.

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