Fahrgäste prüfen die neue S-Bahn
Zu Besuch bei der Besichtigung des begehbaren Modells in Schöneweide
Zu Besuch bei der Besichtigung des begehbaren Modells in Schöneweide
Für Annekatrin Westphal ist es bereits die dritte Gruppe von Fahrgästen, die sie an diesem Donnerstagabend im Werk Schöneweide empfängt. Vorab konnten sich Berliner und Brandenburger für die Besichtigungstermine bewerben – über 200 ausgewählte Fahrgäste erhielten eine Einladung.
Einen Tag zuvor war die Arbeitsgemeinschaft (AG) „Bauen und Verkehr – barrierefrei“ im Werk. In der AG haben sich unter anderen die Berliner Behindertenverbände und der Berliner Seniorenbeirat sowie die Landes- und Bezirksbeauftragten für Menschen mit Behinderung zusammengeschlossen. Sie achten besonders darauf, dass Rollstuhlfahrer, Mobilitätseingeschränkte, Blinde, Sehbehinderte und Hörgeschädigte ein öffentliches Verkehrsmittel erhalten, dasihren Bedürfnissen gerecht wird.
Da ist sie! Ein Lächeln huscht über das Gesicht von Renate Dahlke, als sie das Mock-up der neuen S-Bahn für Berlin erblickt. Ihrer Schwester Kerstin Hermann, die sie mitgenommen hat, fällt derweil ein kleiner Stein vom Herzen: „Sie ist ja noch als S-Bahn zu erkennen“, schildert sie ihren ersten Gedanken. Denn viel war in den vergangenen Wochen in sozialen Netzwerken und Zeitungen über das Modell der neuen S-Bahn zu lesen. „Das ist etwas ganz anderes, wenn man selbst davor steht und sich einen echten Eindruck verschaffen kann“, sind sich die Schwestern einig und folgen Annekatrin Westphal, Leiterin Fahrgastmarketing bei der S-Bahn Berlin, gespannt zur Führung durch den Innenraum des begehbaren Modells.
Es wurden bereits einige Tests an dem Wagenmodell durchgeführt
Auch Mechthild Nigbur, die zum heutigen Besichtigungstermin eingeladen wurde, möchte die neue S-Bahn einem besonderen Test unterziehen. Sie ist mit ihrer dreieinhalb Wochen alten Tochter Klara da, die friedlich in ihrem Kinderwagen schlummert. Bei ihr punkten konnten die Begleitsitze im Mehrzweckabteil, die es ihr ermöglichen, Platz zu nehmen und ihren Kinderwagen vor sich abzustellen. „So blockiert man nicht gleich zwei Plätze, und wenn man später vielleicht noch ein Kind dabei hat, kann dies neben einem sitzen“, teilt sie ihre Überlegungen mit.
Das Interesse gilt unter anderem den Sicherheitseinrichtigungen und genügend Abstellfläche
Dem Ehepaar Asmus sind die neuen Sicherheitsvorrichtungen wichtig: Videoüberwachung des gesamten Wagens und die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme mit der S-Bahn kommen bei ihnen gut an. Nur einen Mülleimer irgendwo im Fahrgastraum würden die Rentner sich noch wünschen.
Anna Jablonka hält derweil alles mit ihrer eigenen Videokamera fest und testet mehrere Abstellmöglichkeiten für ihr Fahrrad. Sie plant, mit einem Videoblog zum Thema Fahrradfahren in Berlin zu starten. Die Farbgestaltung der Fußböden hat ihre Aufmerksamkeit erregt: „Dadurch, dass die Eingangsbereiche dunkler und weniger einladend wirken, könnte ich mir gut vorstellen, dass die Fahrgäste in den helleren Bereich durchtreten und so die Eingänge nicht immer verstopft sind.“
Fahrgäste können hier ihren Eindruck zu der neuen S-Bahn schildern
Die Fahrgäste sind aufgerufen, ihren allgemeinen Eindruck von der neuen S-Bahn zu schildern und vier Detailfragen auf ihren anonym abzugebenden Bögen zu beantworten. Dazu werden eifrig die verschiedenen Varianten der Halteschlaufen getestet, lebhaft über die Haltestangen über den Sitzplatzbereichen und das Außendesign diskutiert. „Mir gefällt die Frontpartie. Sie wirkt viel moderner“, sagt dazu beispielsweise Michael von Holtum. Auch die Außenfarbgebung wird speziell abgefragt. Die Besucher können ihre gewünschte Kombination angeben:
Soll alles traditionell bleiben oder kommt auch eine hellere, modernere Variante des klassischen Rot und Gelb in Frage? Oder soll es eine Mischung aus beidem sein? „Hauptsache, man kann die S-Bahn noch als solche erkennen. Schließlich ist sie ein Stück von Berlin, mit dem man sich identifiziert“, greift Kerstin Hermann, die auf ihren täglichen Fahrten die halbe Ringbahnstrecke zurücklegt, ihren anfänglichen Gedanken noch einmal auf.
Sie ist etwas skeptisch, was die Signaltöne der Türen betrifft, aber schätzt die LED-Beleuchtung, die mit grüner Beleuchtung das Öffnen und mit Rot das Schließen der Tür anzeigt. „Ich freue mich, dass die S-Bahn uns nach unserer Meinung fragt und uns das ermöglicht hat. Erst so wird das Design erlebbar“, sagt Schwester Renate Dahlke nach der zweistündigen Veranstaltung.