S-Bahn Welt

Auf die Wellenlänge kommt es an

Wie Hardy Hofmann prüft, ob Fahrzeuge fit für die Schiene sind

Wie stabil sind die Langträger des Wagens? Mit einem Ultraschallgerät prüft Instandhalter Hardy Hofmann die Baureihe 481

Erst Gel auftragen. Dann das Metall abtasten, mit einem Messkopf, so groß wie ein Kugelschreiber. Auf einem Display erscheint die Zahl sechs Millimeter. „Alles in Ordnung“, sagt Hardy Hofmann zufrieden. Mit dem Gerät checkt der Instandhalter, ob das Metall stabil genug ist für den Einsatz auf der Schiene.

Das funktioniert ähnlich wie eine Ultraschalluntersuchung beim Arzt. Der Messkopf sendet Schallwellen aus, die das menschliche Ohr nicht hören kann. Sie werden vom Metall reflektiert und mithilfe der gewonnenen Daten berechnet das Gerät dann die Wanddicke des Materials.

Hardy Hofmann Instandhalter

Der 37-Jährige steht an der Tür eines Wagens der bekannten Berliner Baureihe 481 – von den Hauptstädter: innen liebevoll Taucherbrille genannt wegen ihrer charakteristischen Frontscheibe. Seit fünf Jahren arbeitet Hardy Hofmann im Werk Schöneweide – und ist mittlerweile Spezialist für diese Fahrzeuge, kennt sie in- und auswendig. Heute untersucht er in der Werkstatt den „Langträger“ des Zuges, ein viereckiger Rahmen aus Eisen, der normalerweise unsichtbar unter dem Fußboden verborgen ist. Er trägt das schwere Gewicht des Wagenkastens – und die vielen Tausend Berliner Fahrgäste, die täglich ein- und austeigen.

Die Züge werden im Rahmen des Projekts Langlebigkeit komplett auseinander gebaut und im Werk Schöneweide saniert
Die Züge werden im Rahmen des Projekts Langlebigkeit komplett auseinander gebaut und im Werk Schöneweide saniert

Jetzt aber ist der Zug komplett entkernt. Sitze, Haltestangen, Fußboden und Verkleidung wurden ausgebaut. An den Türen sind unten deutlich braune Flecken zu sehen, Rost macht dem Langträger zu schaffen. Die „Schuldigen“: Feuchtigkeit und Tausalz. Im Lauf der Jahre sind sie durch den Boden des Fahrgastraums gedrungen und haben das Metall angegriffen. Sind die Schäden klein, reicht es, nach dem Sandstrahlen Korrosionsschutzfarbe aufzutragen. Sind sie größer, muss neues Metall auf die betroffene Stelle geschweißt oder sogar ein Teil des Trägers komplett ersetzt werden.

Das Fahrzeug ist einer von mehr als 200 Viertelzügen, die seit 2019 im Rahmen des Projektes Langlebigkeit saniert wurden – und noch 300 weitere sollen folgen. Sie bekommen im Werk ein zweites Leben, nachdem sie bereits 15 Jahre oder länger auf der Schiene unterwegs waren.

Wurden sie überholt, sind sie wieder fit für die nächsten 15 Jahre. Das ist eine sehr nachhaltige Sache

Hardy Hofmann Instandhalter

Bei den Fahrzeugen werden nicht nur die Langträger auf Herz und Nieren geprüft und repariert, sondern auch der Lack aufgefrischt und das Innere komplett erneuert – vom Fußboden über die Haltestangen bis zu den Videokameras. Etwa 2.700 Arbeitsstunden dauert es insgesamt, bevor ein Zug wieder in frischem Glanz durch das S-Bahnnetz fahren kann.

Wie nagelneu sieht das sanierte Fahrzeug aus. Hardy Hofmann checkt, ob im Fahrgastraum alles fehlerfrei montiert wurde
Wie nagelneu sieht das sanierte Fahrzeug aus. Hardy Hofmann checkt, ob im Fahrgastraum alles fehlerfrei montiert wurde

Seine Leidenschaft für Metall hat der gelernte Schreiner Hardy Hofmann erst bei der S-Bahn Berlin entdeckt.

Ich habe vorher schon als Messebauer und im Landschaftsgartenbau gearbeitet und wollte gerne etwas Neues machen

Hardy Hofmann Instandhalter

Am Anfang war er im Werk Schöneweide in der Tischlerei beschäftigt. Schnell wurde er Teamleiter und führt heute gemeinsam mit seinen Kolleg:innen den Qualitätscheck nach getaner Arbeit im Fahrgastraum durch. Sitzen die richtigen Schrauben an der passenden Stelle? Haben die Sitze die korrekte Höhe? Für seinen Job braucht es einen genauen Blick und viel Erfahrung. Allein das Regelwerk für den Einbau der Inneneinrichtung sei über 500 Seiten stark, erzählt er. Viele, viele Arbeitsschritte sind nötig und müssen kontrolliert werden, bevor der Zug wieder aus dem Werk rollen darf. Jede Menge Kraft brauchen seine Kolleg:innen zum Beispiel beim Einsetzen der neuen Scheiben. Filigraner wird die Arbeit, wenn feine Silikonnähte gezogen werden müssen, um Fugen abzudichten.

Dafür hat man das richtige Händchen oder nicht. Nicht jeder kann ein Picasso sein

Hardy Hofmann Instandhalter
Der Instandhalter braucht ein genaues Auge bei seiner Arbeit. Auch die Halterungen der Klappsitze werden genau geprüft
Der Instandhalter braucht ein genaues Auge bei seiner Arbeit. Auch die Halterungen der Klappsitze werden genau geprüft

Wer eine handwerkliche Ausbildung hat, bringe aber gute Voraussetzungen mit, um als Instandhalter:in bei der S-Bahn Berlin zu arbeiten.

Alles Weitere lernt man hier. Ich finde es toll, wie wir im Team immer wieder gemeinsam kreative Lösungen finden. Jeder bringt Wissen aus seinem Bereich mit, ob Maler:in, Elektriker:in oder Mechaniker:in.

Hardy Hofmann Instandhalter

Wissen, das die Arbeit leichter macht. Denn die Sanierung der Züge läuft nicht immer nach dem Schema F.

Die Fahrzeuge sind manchmal unterschiedlich aufgebaut. Wir hatten zum Beispiel einen Fall, bei dem die Bodenplatten nicht auf die Halteschienen gepasst haben. Da mussten wir eine neue Lösung austüfteln.

Hardy Hofmann Instandhalter

Was ihr Vater in der großen Werkshalle macht, findet auch seine achtjährige Tochter spannend. Schließlich bastelt sie mit ihrem Papa schon fleißig in der heimischen Werkstatt.

Neulich war die Kleine beim Tag der offenen Tür das erste Mal im Werk. Sie hat riesige Augen gemacht und ganz viel gefragt. Das war schön, der eigenen Familie zu zeigen, wo ich jeden Tag arbeite.

Hardy Hofmann Instandhalter
S-Bahn Welt | Unternehmen

"S-Bahn fahr'n" seit 100 Jahren

Jetzt ist der Song aus dem Sack. Romano & die S-Bahn feiern alle, die "S-Bahn fahr'n". Hört selbst!

S-Bahn Welt

Auf der Suche nach der vergangenen Zeit

S-Bahner:innen und ihre Hobbys: Peter Hieronymus liebt Lost Places und entdeckt dadurch ganz besondere Orte.

S-Bahn Welt

Jahresrückblick 2023

Die S-Bahn Berlin blickt zurück auf ein ereignisreiches und abwechslungsreiches Jahr - kommen Sie mit auf eine kleine Zeitreise.